Zugabe • Schall, Trichter & Co., wehmütiger RückblickUnd so sah meine allererste, inzwischen leicht angegilbte, Titelliste aus. Wir wissen schon (s.o.): “Peters Schalltrichter”enthält auch einen hohen Wortanteil. Was ich damals plauderte, möchte ich ganz gern wissen, es ist aber nichts schriftlich festgehalten. Das sichtlich bunte Programm war gespeist aus vielerlei Musikrichtungen, wenn auch längst nicht aus allen, die in Frage hätten kommen können. Ich bin nun mal (auch) in diesem Punkt sowas wie ein Glückskind. Ich liebe (nicht nur) musikalisch die bunte Blumenwiese, auf der ich mich unbeschwert auch an Gänseblümchen und Löwenzahn erfreuen kann. Das soll freilich nicht heißen, dass ich keine Unterschiede mache. Mir gefällt durchaus nicht alles oder alles gleichmaßen. Ich kann aber umschalten oder anders gestimmte Ohren zuschalten. Gerade in letzter Zeit habe ich sehr viele Schlager der frühen und späten 50er Jahre gehört, nicht selten durchaus mit Vergnügen.Anders gesagt: Ich kann noch in heiterer Gelöstheit schmunzeln, wo anderen – aus einander spinnefeind gegenüber stehenden Lagern – bereits Haare und Krallen zu Berge stehen (ein schiefes Bild, ich weiß). Es gibt aber auch, dies nur zur Beruhigung evtl. hinsichtlich einer vermuteten Indolenz auftretender Neid-Attacken, notenbewehrte Hervorbringungen die mich psychisch und physisch angreifen, während andere in beste Laune geraten. Es geht also doch auch manchmal ein bisschen gerecht zu auf der Welt.Übrigens: Hier rechts ist die Titelliste von Peters Juke Box Nr. 2 abgebildet, Thema: “Vom Rock’n’Roll zum Twist”.Darin enthalten drei meiner “ewigen Favoriten”: Raunchy von Billy Vaughn (fällt eigentlich eher unter “Easy Listening”), Sea Cruise von Frankie Ford und Runaway von Del Shannon. Und zuletzt auch ein typischer Schalltrichter der heiteren Art, “Benehmen ist Glückssache”, vom 6.Juni 1992. Aus dieser Titelliste nicht zu ersehen sind die literarischen und sonstigen Texte, die zwischen diese Titel eingeflochten wurden.Das gab es tatsächlich mal: Einen Offenen Kanal Saarland unter dem Dach der Landesmedienanstalt. Er war untergebracht auf dem Gelände der Telefilm Saar (auch futsch) am Eschberger Weg in Saarbrücken. Für das Radio gab es wie beim richtigen Funk ein Sendestudio mit Mikrophon sowie je zweimal Plattenspieler, CD-Player, Tapedeck und Bandmaschine, ferner einen Tisch mit Mikrophonen für Gesprächs-runden mit sechs oder acht Teilnehmern. Zur Vorproduktion von Sendungen gab es zwei “Schneideplätze”, Kleinstudios mit den gleichen Geräten, aber jeweils nur einfach. Übrigens: Schneiden hieß damsals noch schneiden. Schneidesetelle suchen, markieren, auftrennen und neu verkleben. mit Mikrophon, Plattenspieler, Tapedeck und Bandmaschine, alles gesteuert über das Mischpult – wie beim richtigen Funk. Doch, man konnte wirklich richtig Radio machen.Meine erste Sendung “Peters Schalltrichter” lief am 30. März 1990. Auf den Tag genau zwölf Jahre später lief die letzte Sendung des Offenen Kanals überhaupt. Und damit war diese Episode leider Geschichte.Die CDU-Landesregierung, die 1999 die SPD ablöste, hatte grundsätzlich andere Vorstellungen zum Rundfunk an der Saar. In ihrem Konzept hatte dieses “Bürgermedium” keinen Platz.Bis dahin hatte der OK Saar einen Vorteil gegenüber anderen Offenen Kanälen, nämlich die Verbreitung auf den terrestrischen Frequenzen von SR4 (103,7 MHz für das westliche, 105 MHz für das östliche Saarland), während man sich anderswo mit Kabelkanälen begnügen musste, auf die wohl niemand sooo scharf gewesen wäre.. Dieser Vorteil erwies sich jetzt als Nachteil, denn der Offene Kanal wurde nicht nur finanziell ausgehungert, sondern ganz einfach eingestellt. Ende eines Experimentes.(1989) — 1990 — 2002Aber erst mal noch zurück zu den zwölf Jahren, in denen der OK tatsächlich lief und teilweise wirklich gute Programme lieferte. Anfangs galt das “Prinzip der Schlange” für eine Sendezeit von zwei Stunden dienstags (17 bis 19 Uhr) und vier Stunden samstags (14 bis 18 Uhr). Sendungen wurden strikt in der Reihenfolge der Anmeldung eingeplant; und anmelden konnte man erst, nachdem die vorhergehende Sendung gelaufen war. Dieses Verfahren führte zu einem, freundlich ausgedrückt, sehr bunten Programm.Als Konsequenz hieraus wurden, nachdem die Sendezeiten auf täglichen Betrieb am Nachmittag erweitert waren, für einen Stamm geeigneter Nutzer feste Sendezeiten eingeführt. Meine Sendezeit war der erste Samstagnachmittag im Monat, 15 Uhr vor, wenn ich mich recht erinnere, “Songs and Soundtracks” von Hermann Klein aus Püttlingen und “American Music” von Norbert Dahmen aus Großrosseln. Der Schalltrichter fasste nicht mehr alle Arten von Schall, sondern war, anders als zu Beginn gedacht, zu einem Programm mit besonderer Ausrichtung geworden. Der Sendeplatz trug den Sammelnamen “Peters Stunde”. Hier liefen in loser Folge:• Peters Schalltrichter, eine Sendung für Zuhörer,Charakteristisch war die Mischung aus Chansons, Liedern, Literatur, Kabarett und ähnlichen Richtungen. Die Sendung startete von Anfang an immer mit dem gleichen Intro: Erst kam aus “Der Watzmann ruft” der Anfangsruf “Wie schallt’s von der Höh? – Hollaridulliöh!”. Dann setzte “Dan the Banjo Man” ein. Hierin eingeblendet wurde aus “Im Schallplattenladen” von Karl Valentin und Liesl Karlstadt der Dialogfetzen “Sie möchten Schallplatten haben? Was sollen das für Platten sein? — Ja, so runde, dunkelschwarze Scheiben! — Ich meine, mit Musik oder mit Gesang? — Nein, mit Schall! — Ich werde Ihnen mal verschiedenes vorspielen. — Ja, wenn ich so frei sein bitten darf.” Beglückende Erfahrung für mich: Just dieser Gesprächsfetzen wurde dann nach einiger Zeit auch beim SR in einen Audio-Clip eingebaut.In einer zweiten Einblendung meldete ich mich: “Sie haben eingeschaltet den Offenen Kanal Saarland auf UKW 103,7 und 105 Megahertz. Sie hören Peters Schalltrichter, eine Sendung für Zuhörer von Peter Eckert aus Wadgassen-Differten. Heute...”, darauf folgte dann das Thema der Sendung.• Peters Lesezirkel,Diese Sendung ging aus dem Schalltrichter hervor. Hier waren Autoren zu Gast, in der Regel im Studio. • Peters Jukebox, eine Sendung für Hinhörer,Hier gab es nur Musik, allenfalls mit knappen begleitenden Informationen. Verständlich, dass ich Musik spielte, die mir gefiel und gefällt. Als Beispiele nenne ich “Das war 1956” (das Jahr, an dessen Ende ich zehn wurde), “Brenda Lee” (trotz großer Konkurrenz – ich nenne nur Françoise Hardy –wahrscheinlich alles in allem noch immer meine Lieblingssängerin), “Chantez-vous français?” (quer durch meinen französischen Garten mit Chansons und allerlei anderem), “Die längsten Titel der Welt” (Gute Chancen hatte “Have you seen you mother baby standing in the shadow”, Sieger war aber “Hey won’t you play another somebody done somebody wrong song” von B. J. Thomas).• Peters Kiosk,Wie in einem richtigen Kiosk gab es hier allerlei Krimskrams, der in die beiden anderen Reihen nicht gepasst hätte. Den Schwerpunkt bildeten Informationen, meist zu Sachthemen, manchmal aber auch einfach Interessantes und Kuriositäten. Gerne erinnere ich mich an meinen Gast Michael Reimann, Musikerzieher und Multi-Instrumentalist. Erstmals erfuhr ich (u.a.) etwas über Shakuhachi, Didgeridoo und Musik auf im Wasser schwimmenden Kürbissen (die Bezeichnung habe ich vergessen). Außerdem erfuhr ich aus berufenem Munde Näheres über Oberton-Gesang; Michael hatte eigene Erfahrungen, auch aus gemeinsamer Arbeit mit Christian Bollmann vom Düsseldorfer Obertonchor. Zur Erinnerung erhielt ich Michaels CD “Sandawa Sounds”, die ich in passender Stimmung auch heute noch gern höre.TitellisteDie Titelliste wurde für die GEMA- und GVL-Zahlung benötigt. Diese Kosten trugen die Nutzer in den ersten Jahren selbst (6 DM für die ersten 30 Minuten, 50 Pfennig für jede weitere kostenpflichtige Minute).