Zugabe • Deutsch viel schwer 4. Juli 2011 Der Mensch wächst mit und an seinen Aufgaben. Und wenn es auf der deutschen Sprache schon so gut geht, dann Deutsch viel leicht! (Vielleicht.....) Aber vorerst noch: Deutsch viel schwer! Saarländischer Rundfunk – 7. Juli 2011 verschiedene Nachrichten und Saartext Tafel 127 http://www.sr-online.de/nachrichten/30/1256117.html Kurzmeldungen Beckingen: Am Mittwoch ist ein berittenes Pferd von einem Pkw erfasst worden. .......... Die Pkw-Fahrerin und der Reiter erlitten einen Schock. Die Bedeutung von “beritten” definiert der Duden so: 1. auf einem Pferd reitend 2. mit Pferden ausgerüstet. Welche der Bedeutungen mag im gemeldeten Fall zutreffen? Ritt das Pferd auf einem Pferd? Oder war es mit Pferden ausgerüstet? Vielleicht war es auch einfach ein gerittenes Pferd? In diesem Fall zöge ich “ein Pferd mit Reiter” allerdings vor.   Beritten und geritten, das klingt ähnlich, aber: Ähnliches ist nicht dasselbe. Nicht nur bei den Deutschkenntnissen ist, um im pferdigen Umfeld zu bleiben, “beschlagen” auch ganz was anderes als “geschlagen”. Merke: “Je suis cheval je!” = “Ich bin fertig!” Darum: Deutsch viel schwer! Bayerntext, der Videotext des Bayerischen Fernsehens Tafel 491 – gesehen am 12. Juli 2011 Frage: Die Verbreitung von wem ihre Programme wurde eingestellt? Antwort: Der RTL-Group seine. Merke: Die Frage hatte wohl seine Tücken. Drittes Futur bei Sonnenaufgang kann es nicht sein. Wen aber sonst? Wie auch immer: Deutsch viel schwer! Leidlich leidig, eine leidvolle Sache Saarbrücker Zeitung – 11. Juli 2011 Am Freitag wieder schwimmen bis Mitternacht Quierschied. Das Freibad Quierschied wurde in diesen Tagen 80 Jahre alt.  ...  Der Verein hat einen bekannten Schlager aus dem Eröffnungsjahr 1931 zum Motto gewählt: „Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder“. Er will damit nicht das leidliche Thema des Endes des Hallenbads im Frühjahr dieses Jahres ansprechen, .... Lt. Duden bedeutet “leidlich”: “einigermaßen den Erwartungen entsprechend, ausreichend, annehmbar”. Das dürfte wohl kaum gemeint sein, sondern “das leidige Thema”. Ebenfalls lt. Duden bedeutet “leidig”: ärgerlich; unangenehm; lästig. Mag sein, Deutsch leidlich leidig. Aber ganz bestimmt: Deutsch viel schwer! Nachtrag – der Ordnung halber SZ Nr. 164 vom18. Juli 2011 Kröten und Felsenhöhlen "Die Riesenkröte unter dem Breitenstein" heißt eine Sage in der Sammlung von Karl Lohmeyer (Die Sagen der Saar, 1952, lfd. Nr, 420, Seite 397). Als diese abscheuliche Kreatur musste ein böser reicher Bauer spuken, nachdem er aufgefressen worden war, von seinen gehorteten Silbermünzen, die sich in Ratten verwandelt hatten. Über hundert Jahre hauste das Untier in einer Grotte unter der Burg Montclair. Die Kröte stank so bestialisch, dass Mensch und Vieh flohen und das Gras verdorrte; sogar alle Fische in der nahen Saar starben. Gutes Ende: In einem harten Winter ertrank die Bestie, vom Schnee geblendet, in der Saar, und der böse Geist war gewichen. Soviel zur Einstimmung Und nun zur Presse. Im nachfolgenden Fall zitierte sie nur, sie hatte keine Wahl. Gleichwohl zitiere ich meinerseits diese Meldung stellvertretend für viele andere, in der die Verantwortung anders zugeordnet war. Und: Die beiden Blätter habe ich mit Bedacht ausgewählt. Badische Zeitung vom 13. Juli 2011 http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/deutschland/panzergeschaeft-grottenfalsch--47391589.html Panzergeschäft "grottenfalsch" …  SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hielt der schwarz-gelben Bundesregierung gestern im ZDF vor, eine "grottenfalsche" Abwägung getroffen zu haben. Schwäbische Zeitung vom 12. Juli 2011 http://www.schwaebische.de/politik/politik-aktuell_artikel,-Weiter-Kritik-an-Panzer-Deal-SPD-grottenfalsch-_arid,5102856.html Weiter Kritik an Panzer-Deal - SPD: "grottenfalsch" … SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hielt der schwarz- gelben Bundesregierung vor, eine "grottenfalsche" Abwägung getroffen zu haben. Grottenfalsch! Was ist falsch an einer Grotte? Manchmal komme ich in unserem katholisch geprägten Landstrich an einer Lourdes-Grotte (sprich: Lurdes-Grotte) vorbei. Sowas wird ja wohl nicht gemeint sein, oder? Nein, gewiss nicht. Dieses "grottenfalsch", das jetzt sogar Eingang in den Politikerjargon gefunden hat, geht zurück auf das schwäbisch-alemannische Wort "groddefalsch", also krötenfalsch, denn "Grodd" bezeichnet dort (wie bei uns) die Kröte. Natürlich darf man auch fragen, was an einer Kröte falsch ist. Für uns wohl wenig. Früher war das anders. Weil bei vielen Kröten kaum ein besonderer Liebreiz ins Auge sticht, musste dieses eigentlich nützliche Tier wie im obigen Beispiel als Hassobjekt für vieles Böse herhalten.  Deshalb also wird aus "falsch" mit Hilfe der vermeintlich bösen Kröte "groddefalsch", also besonders falsch (vgl. groddeschlecht). Und wenn es was mit "gr" sein muss: Grundfalsch ginge auch und wäre dazu auch noch rochtig. Und worauf könnte man dieses Wort anwenden? Auf "grottenfalsch", denn dieses Wort ist groddefalsch und groddeschlechd zugleich.   Wir wissen schon: Deutsch viel schwer. Das Pferd auf dem Pferd: Eine Rosskur oder einfach nur gut im Sattel? Das macht Laune Saarbrücker Zeitung 25. Juni 2011 Von Ganoven in den Banken Gregor Gysi … kam am Freitagabend ins Saarbrücker VHS-Zentrum … Es wurde ein launisch-politischer Abend. Lt. Duden beschreibt "launisch" ein Verhalten, das ständig wechselnden Stimmungen Raum gibt, was häufig auf schlechte Laune hinausläuft. Man mag zu Herrn Gysi politisch stehen, wie man mag. Das ändert nichts daran, dass er sich, wenn nicht gerade geschäftliche (nein, ich meine nicht geschäftige) Bissigkeit oder Empörung ansteht, im persönlichen Umgang eher gelöst und charmant gibt, gut gelaunt, witzig und humorvoll. Dazu passt laut Duden aber nur das ähnlich klingende "launig". Pech, dass nach den deutschen Ausspracheregeln das "ig" wie "ich" auszusprechen ist. Launisch und launich, das kann schon, je nach sprachlicher Vorgestimmtheit, ein rechter Stolperstein sein, auch bei einem linken Politiker. Deutsch viel schwer. Nein, ich suche nicht nach solchen Bonbons, sie laufen mir immer wieder mal zu. Nein, ich spiele mich auch nicht als Oberlehrer auf, sondern einfach nur als gelegentlicher Besserwisser. Und ich bin jetzt schon gespannt, wann man mir einen vergleichbaren Klops in meinen Texten unter die Nase hält. Übrigens: Die Texte sind so angeordnet, dass der jeweils neueste oben steht Der Photovoltaik seine Grenzen Die Meldung, deren Anfang links zu sehen ist, stand am 27. Juli 2011 in der Saarbrücker Zeitung (Seite A9). Dass laut Karl Marx das “Sein” das Bewusstsein bestimmt, ließe vielleicht den Umkehrschluss zu, dass das “Ihr” an dieser Stelle nicht involviert ist. Und bekanntlich heißt es doch  auch “Jedem das Seine” und nicht “Jedem das Ihre”. Seltsam, je mehr die Sprache feminisiert wird, umso mehr scheint das schlichte Wörtchen “ihr” (lt. Wiktionary – Grammatische Merkmale: 3. Person Femininum Singular Dativ des Personalpronomens “sie”)  abhanden zu kommen  (s.a. 12.07.2011 - Bayerntext). In diesem Fall hieße es (hoffentlich nicht nur) nach meiner unmaßgeblichen Meinung “sie”, die Photovoltaik.  Oder sollte es “der Photovoltaik” heißen? Oder gar “das Photovoltaik”? Diese Sache hat durchaus seine Tücken. Unser polyglotter Herr Oettinger hat ja schon an anderer Stelle ihren eleganten Umgang mit Sprache präsentiert und damit der Welt seine Aufmerksamkeit erregt. Übrigens: Die Meldung kam von dpa. Es könnte natürlich sein, dass das wörtliche Zitat nicht korrekt wiedergegeben ist. Auch das würde mich nicht wirklich wundern. Denn auch auch gilt unverrückbar der Satz: Deutsch viel schwer.